Neues Hilfsangebot: Anonyme Spurensicherung bei Betroffenen sexueller Gewalt
St. Martinus-Hospital Olpe ist mit Leuchtturmprojekt Vorreiter in der Region. Das sind die Hintergründe.
Angst. Hilflosigkeit. Scham. Die Gefühle, die Betroffene von sexueller Gewalt beschreiben, sind vielfältig. Und die wenigsten Menschen, die eine solche Situation durchleiden mussten, können bereits unmittelbar danach entscheiden, ob sie Strafanzeige stellen möchten oder nicht. Doch natürlich brauchen die Betroffenen Unterstützung. Und die bietet das St. Martinus-Hospital Olpe – neben der qualifizierten medizinischen Versorgung – nun mit der Anonymen Spurensicherung. Vertreter der Frauenberatungsstelle Olpe, der Männerberatung des Katholischen Sozialdienstes, der Kreispolizeibehörde Olpe und der GFO Kliniken Südwestfalen haben das niederschwellige Hilfsangebot jetzt vorgestellt.
Hinter dem Angebot verbirgt sich die Möglichkeit, Spuren anonym zu sichern und zehn Jahre lang zu lagern, um in Ruhe entscheiden zu können, ob man Strafanzeige stellt oder nicht. Wenn von sexualisierter Gewalt Betroffene ins St.-Martinus-Hospital Olpe kommen, können sie um die Anonyme Spurensicherung bitten. Die Betroffenen unterschreiben eine Erklärung, dass Sie die Anonyme Spurensicherung und die Einlagerung der Spuren für zehn Jahre wünschen. Die gynäkologischen Fachärzt:innen sichern anschließend in einem geschützten Rahmen die Spuren, die dann mit einer Chiffre-Nummer versehen und im Institut für Rechtsmedizin in Düsseldorf gelagert werden. Dr. med. Jürgen Schwickerath, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe des St. Martinus-Hospitals Olpe, betont: „Wir alle wissen, dass es sich um eine äußerst sensible Situation handelt und gehen dementsprechend behutsam vor.“
Anonyme Spurensicherung: Großes Dunkelfeld wird beleuchtet
Wenn die Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt Strafanzeige stellen wollen, können sie die Polizei auf die eingelagerten Spuren hinweisen, diese leitet dann die weiteren Schritte ein. Wenn keine Strafanzeige erstattet wird, werden die Spuren nach zehn Jahren vernichtet. Michael Klein, Opferschutzbeauftragter der Kreispolizeibehörde Olpe, verdeutlicht, wie wichtig die Sicherung der Spuren ist: „Spuren sind vergänglich. Daher ist es wichtig, sich so schnell wie möglich untersuchen zu lassen und auch möglichst zur Untersuchung kommen, ohne vorher zu duschen.“
Nach der akuten medizinischen Versorgung und Spurensicherung werden die Patient:innen dann an die Beratungsstellen weitergeleitet, die Hilfe bei der Verarbeitung des Erlebten anbieten. Betroffene seien mitunter gar nicht in der Lage, über eine Strafanzeige zu entscheiden, verdeutlicht Eva Rieke-Trinn von der Frauenberatungsstelle: „Aus unserer Beratungstätigkeit haben wir das Gefühl, dass fast keine Frau direkt sagt, dass sie Anzeige erstatten will. Daher sind wir total glücklich über das neue Angebot.“ Daniel Schulte von der Männerberatung des ksd führt aus, dass es auch immer mehr Männer gibt, die sich als Betroffene sexueller Gewalt melden, aber: „Das ist für Männer leider noch ein sehr großes Tabuthema.“ Es gebe ein „riesiges Dunkelfeld, das man nun ein Stück weit beleuchten kann.“ „Mit dem Projekt sind wir ein Leuchtturm in der Region, das erste Krankenhaus im Umkreis, das Betroffenen dieses Hilfsangebot zur Verfügung stellt“, erklärt Dr. med. André Römgens, Chefarzt Zentrale Notaufnahme der GFO Klinik Südwestfalen.